Hier finden Sie die aktuelle Ausgabe von IsnyAktuell mit dem Kirchenblatt der Kath. Seelsorgeinheit Isny
Herzlich Willkommen zu den Fastenzeitimpulsen 2023
„Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Das ist die ökumenische
Jahreslosung für 2023.
Früher wurde ein Satz wie „Gott sieht alles!“von manchen
als Bedrohung erfahren und negativ
in der Kindererziehung eingesetzt. Dem könnte man ganz
selbstbewusst und ein wenig
frech entgegnen: „Gott sieht alles, aber er verpetzt/ verrät
mich nicht!“
„Du bist ein Gott, der mich sieht.“, ist ursprünglich eine
positive Aussage und zeigt die
treue Fürsorge Gottes gegenüber den Menschen. Das erlebt
Hagar, die schwanger und
verlassen in der Wüste sitzt und der Gott einen Engel
schickt, welcher ihr weiterhilft. Hagar bekennt
Gott als El-Roi - „Du bist ein Gott, der mich sieht.“
(Die ganze Geschichte von Hagar
findet sich im Alten Testament im Buch Genesis, Kapitel
16, zum Nachlesen.)
„Du bist ein Gott, der mich sieht.“, was für eine Zusage
in diesen Worten steckt! Jede:r hat doch
das Bedürfnis gesehen zu werden und angenommen zu sein!
Und so hat uns die Jahreslosung zu den vorliegenden Fastenzeitimpulsen
inspiriert. Sie mögen
dich durch die kommenden Wochen von Aschermittwoch bis
Ostern begleiten.
Für jede Woche gibt es einen Impuls zu verschiedenen Facetten
des Sehens. Dieser wird
immer verbunden mit einem Symbol, einem kurzen Bibelwort
(das wir aus der katholischen
Leseordnung genommen haben) und mit einem Gedanken/einer
kleinen Aufgabe für
die kommende Woche. Die Impulse laden dich ein, Gottes
liebenden Blick auf dir und der Welt
zu spüren und Gott in deinem Alltag nicht aus dem Blick
zu verlieren.
Bleib behütet!
Sylvia Neumeier Tanja Rieger
Blindenheilung am Teich Schiloach (Joh 9)
Liebe
Gemeinde,
Das hat man
nun davon: da tut man etwas Gutes, hilft einem Menschen, und hinterher: statt
dass sich alle einfach darüber freuen, gibt es Riesen Diskussionen, ein ewiges
Hin und Her. Manch einer hat so etwas schon erfahren. Und Jesus geht es im
Evangelium heute ganz ähnlich. Er heilt einen Blinden, hilft ihm in seiner Not.
Die Heilung selbst ist eigentlich schnell erzählt, aber es schließen sich
endlose Diskussionen an. Diskussionen, bei denen es um die Frage ging: War die
Blindenheilung am Sabbat rechtmäßig? Oder verstößt sie gegen das Sabbatgebot
und ist deshalb als verwerflich abzulehnen? Wenn wir heute diese Diskussionen
lesen, müssen wir dabei freilich bedenken, dass das Sabbatgebot für die Juden
durchaus eine sehr hohe Bedeutung hatte und immer noch hat. Es ist jedenfalls
viel wichtiger als die Frage bei uns, was am Sonntag getan werden darf oder
nicht getan werden darf. Während es bei uns da eher um Erholung bzw.
sonntägliche Ruhestörung geht, ging und geht es bei den Juden sehr direkt um
den göttlichen Willen.
Und immer
wieder gibt es hier – auch in der ganzen Bibel – zwei Richtungen. Die einen
stellen das göttliche Gebot in den Vordergrund und sagen: Wenn es Gottes Gebot
ist, am Sabbat zu ruhen, dann ist das unbedingt einzuhalten, komme was wolle.
Die anderen sagen dagegen: die göttlichen Gebote sollen vor allem den Menschen
nützen, helfen, das Miteinander in guter Weise zu gestalten, deshalb ist eine
gute Tat immer erlaubt – auch am Sabbat.
Beide Gruppen
gab es auch im Evangelium eben: die einen beriefen sich auf das göttliche Gebot
und verurteilten Jesus: „Wer den Sabbat nicht hält, kann nicht von Gott sein.“
Die anderen aber sehen die gute Tat und fragen sich: „Wie kann ein Sünder solche
Zeichen tun?“ Anders ausgedrückt: die einen urteilen vom Gesetz her und sagen:
was dem Gesetz widerspricht, ist schlecht. Die anderen urteilen vom Menschen
her und sagen: was dem Menschen hilft, ist gut – und kann keine Sünde sein. Auf
wessen Seite Jesus steht, ist hier natürlich keine Frage. Wenn ein Mensch Hilfe
braucht, dann hilft er ihm – egal was das Sabbatgebot oder ein anderes Gebot
dazu sagt. Nicht irgendein Gesetzbuch, sondern die Not des Menschen ist für ihn
entscheidend.
Wenn nun der
Evangelist diese Diskussionen so ausführlich erzählt, so tut er es wohl auch
deshalb, weil er spürte: auch in christlichen Gemeinden gibt es immer wieder
beide Richtungen: die einen, die zunächst auf das Gesetz schauen und denen die
Bewahrung der göttlichen Gebote das Heiligste ist, und die anderen, die auf die
Menschen, auf ihre Nöte, ihre Sorgen schauen und für die im Vordergrund steht,
wie sie anderen helfen können.
Auf welcher
Seite Jesus steht, ist wie gesagt ziemlich eindeutig: er will keinen
Gesetzes-Glauben, sondern einen menschlichen Glauben. Die Gesetze sind für den
Menschen da, nicht der Mensch für die Gesetze.
Das heißt
keineswegs, dass Gebote oder Gesetze überflüssig wären. Im Gegenteil. Jesus
sagt ja an anderer Stelle auch, er sei gekommen, das Gesetz nicht aufzuheben,
sondern es zu erfüllen. Aber für ihn ist das Gesetz eben in erster Linie dann
erfüllt, wenn Traurige getröstet, wenn Niedergeschlagene aufgerichtet, wenn
Verzweifelte ermutigt werden.
Jesus geht es
um die richtige Deutung und Erfüllung des Gesetzes. Für ihn kann das Gesetz nie
wichtiger sein als der Mensch. Gesetze können das menschliche Miteinander
regeln, Gebote können hilfreiche Wegweiser fürs Leben sein, das Wichtigste aber
ist und bleibt immer der Mensch. Amen.
Sofort nach seiner Taufe
nimmt Jesus eine Auszeit. Er geht in die Wüste und fastet vierzig Tage und
vierzig Nächte.
Auch heute nehmen
Menschen gerne eine Auszeit. Es tut einfach gut, wenn man für eine Weile aus
dem Alltagstrott aussteigt: Ein Well-ness-Wochenende, ein paar Tage
Fitness-Ferien mit Wandern oder Radfahren, Abenteuer-Ferien, eine Städtereise
oder Heilfasten. Allen, die solches tun, sei es von Herzen gegönnt, kann man
doch die leeren Batterien wieder aufladen, sich mit frischer Kraft den
Anforderungen des Alltags stellen und Sinn und Erfüllung im Leben erfahren.
Jesus geht in die Wüste
und stellt sich dem Bösen
Jesus hat für seine
Auszeit andere Gründe. Seine Wüstenzeit hat mit seiner Bestimmung als Sohn
Gottes zu tun. Bei seiner Taufe öffnet sich der Himmel und spricht: Das ist
mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe, den ich auserwählt
habe, der das ausführen soll, was ich mit den Menschen und mit der ganzen Welt
vorhabe.
Derselbe Geist Gottes,
der wie eine Taube nach der Taufe auf Jesus herabgekommen war, führt ihn nun in
die Wüste. Dort soll er sich nicht entspannen oder erholen und auch kein
Abenteuer erleben wie Menschen, die heute an einer Wüstensafari teilnehmen.
Jesus stellt sich dem Bösen. Er geht in die Wüste, damit er vom Teufel in
Versuchung geführt wird.
Von Gott selbst wird er
geprüft und getestet, denn der Geist Gottes hat ihn ja in die Wüste geführt. Es
geht um eine existentielle Entscheidung, es geht ums Ganze, um seine Zukunft,
es geht um Leben und Tod.
Vor seinem öffentlichen
Auftreten muss sich Jesus in seinem Inneren die Frage stellen: Bin ich der
Aufgabe gewachsen, zu der mich der Vater auserwählt hat? Bin ich wirklich
Gottes geliebter Sohn, dazu bestimmt, den Menschen Gottes Liebe zu bringen,
Leben in Fülle, und Himmel und Erde miteinander zu verbinden? Bin ich dieser
Sendung gewachsen, bereit, sie radikal und mit letzter Konsequenz zu erfüllen?
Hier in der Wüste wird dem Herrn der Kelch des Leidens gereicht, über dem das
Kreuz seinen Schatten wirft und den er später im Garten Gethsemane nicht mehr
trinken will:
„Vater, lass diesen Kelch
an mir vorübergehen!“
In den vierzig Tagen in
der Wüste bereitet sich Jesus auf seine Sendung vor; nach seiner Auszeit wird
er sofort die Menschen zur Umkehr aufrufen, die Frohe Botschaft vom Reich
Gottes verkünden und die ersten Jünger berufen.
Erfolg durch Verzicht
Der Versucher stellt
zweimal in Frage, dass Jesus der geliebte und erwählte Sohn Gottes ist: „Wenn
du Gottes Sohn bist ...“ Er fordert einen Beweis. Er fordert Sicherheit. „Bist
du sicher, dass du Gottes Sohn bist?“ Der Sohn Gottes hat die Macht. Er kann
aus Steinen Brot machen, die Engel beschützen ihn selbst bei seinen
wahnwitzigsten Taten, und wenn er nur will, kann er über die ganze Welt
herrschen und allen Reichtum der Erde und alle Schätze der Welt an sich reißen.
Der Teufel fordert Jesus auf, die göttliche Macht zu ergreifen und so ihm und
der ganzen Welt zu zeigen, wer er ist.
Aber Jesus verzichtet. Er
widersteht allen drei Versuchungen. In seinen Antworten macht er klar, worauf
es im Leben ankommt: auf eine lebendige Beziehung zu Gott. Seine Mission
besteht nicht im Herrschen, sondern im Dienen.
Jesus widersteht den
Versuchungen, schickt den Teufel zum Teufel und wird am Ende seines Lebens im
Garten Gethsemane beten: „Aber nicht mein, sondern dein Wille geschehe.“
Die vierzig Tage – eine
christliche Auszeit
Bei unserer Taufe hat
Gott zu uns gesprochen: „Du bist mein geliebtes Kind, dich habe ich erwählt!“
Wir sind Gottes Söhne und Töchter, dazu gesandt, Christus nachzufolgen, Gottes
Liebe zu den Menschen zu bringen und so das Reich Gottes zu verkünden. Die
vierzig Tage vor Ostern können eine spirituelle Auszeit werden, in der wir
unsere Sendung als Christen bedenken. Ein Gebet aus dem Stundenbuch könnte uns
dabei begleiten:
„Allmächtiger
Gott, der du Himmel und Erde geschaffen und den Menschen viel Gutes gegeben
hast, verleihe mir in deiner Huld den rechten Glauben, gewähre mir Weisheit und
Klugheit und Kraft, dem Verderber zu widerstehen, das Böse zu meiden und deinen
Willen zu vollbringen.“ (Stundenbuch, 3. Band, Jahreskreis, S. 158f).