Hier finden Sie die aktuelle Ausgabe von IsnyAktuell mit dem Kirchenblatt der Kath. Seelsorgeinheit Isny
Aktuell gelten folgende Corona-Regeln bei den Gottesdiensten:
Wir bitten um freiwilliges Tragen einer Maske während der Gottesdienste.
Die Abstandsregel ist nicht mehr verpflichtend. Trotzdem ist es nach wie vor sinnvoll, ein wenig auf Abstand zu achten.
„Seht ich mache alles neu“ (Offb 21,5)
Liebe
Gemeinde,
„Alles neu
macht der Mai“ – so heißt es. Und wir können es gerade selbst erfahren – im
Garten oder in der Natur. Die Bäume sind wieder grün, in den Beeten gedeiht und
blüht es, die Natur erwacht zu neuem Leben. Kein Wunder, dass der Mai solch
einen guten Ruf hat und als „Wonnemonat“ gilt. Und ich wünsche es jedem, dass
er dies auch ein wenig spüren kann: wie die wärmende Sonne nicht nur dem Salat
im Gemüsebeet, sondern auch unserer Seele gut tut.
Trotzdem
spüren wir natürlich gerade in diesem Jahr auch: Alles macht der Mai doch nicht neu. Manche alten Sorgen und
Probleme bleiben.
Wenn ich
auf die Lesung heute schaue, müssten wir sowieso sagen: es ist nicht der Mai,
der alles neu macht, sondern es ist Gott selbst: „Seht, ich mache alles neu.“ So hieß es in der Lesung aus der Offenbarung
des Johannes. Und in dem Fall geht es nicht um den Winter und die frostigen
Temperaturen, die beendet werden, sondern wenn man so will um die zwischenmenschliche
Kälte, die nun einer friedvollen Wärme weicht. Ja mehr noch, nicht nur Streit
und Gewalt enden, selbst der Tod hat seine Macht verloren: „Er wird alle Tränen
von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine
Klage, keine Mühsal.“ Wahrlich schöne Worte. Freilich kommt dann sehr schnell
die Frage: Stimmt das denn? Beziehungsweise wenn Gott doch alles neu macht,
wieso gibt es dann immer noch so viel Krieg, so viel Gewalt, so viel
Unmenschlichkeit?
Ich meine,
um diese Worte aus der Offenbarung besser zu verstehen, müssen wir ein wenig zurückschauen
auf die Zeit, als dieses Buch entstanden ist. Immer wieder wird die Johannesoffenbarung
so verstanden, als wolle sie einen Blick in die Zukunft werfen und beschreiben,
was uns irgendwann in fernen Zeiten bevorstehe. Aber in diesem biblischen Buch
geht es weniger um die Zukunft, als vielmehr um eine Deutung der Gegenwart. Und
diese war zur Zeit der Abfassung alles andere als erfreulich: auch damals gab
es viel Not, viel Elend, Kriege und Verfolgungen. Oder mit den Worten der
Offenbarung: Es gab Tränen, es gab Tod und Trauer, Klage und Mühsal. Und das
Buch der Offenbarung beschönigt da nichts. Im Gegenteil, ausführlich werden all
die Katastrophen der damaligen Zeit beschrieben. Und doch will sie in diesen
trüben Zeiten Hoffnung machen. Hoffnung, weil sie überzeugt ist: Letztlich ist
es Gott, der all dem Bösen ein Ende machen und jede Träne abwischen wird.
Schwierige
Zeiten, das haben wir heute offensichtlich auch. Und vermutlich wird damals wie
heute auch ein Wunsch ganz ähnlich sein, nämlich dass Gott möglichst sofort
alle Tränen abwischt und alles Leid beendet. Sofort sollte er den sinnlosen
Krieg in der Ukraine beenden, die Corona-Pandemie sofort und für immer beenden,
und am besten auch so manche persönlichen Probleme sofort lösen. Doch das hat damals
ebenso wenig funktioniert wie heute. Deshalb fordert die Johannesoffenbarung zu
Geduld auf, aber sie will gleichzeitig Mut machen: Die Zeiten mögen schwierig
sein, aber es gibt kein Grund zur Verzweiflung. Denn Gott sieht all das Leid und
er steht auf der Seite derer, die leiden. Zwar dürfen wir nicht erwarten, dass Gott
nicht sofort alles neu macht. Zwar liegt es vorläufig an uns selbst, Tränen
abzuwischen oder noch besser Leid von vornherein zu vermeiden. Beim Einsatz für
Frieden, für Gerechtigkeit, für Menschlichkeit, sollten wir nicht darauf warten,
bis Gott alles neu macht, sondern selbst etwas dafür tun. Aber – und das ist
doch etwas ganz wichtiges: Dieser Einsatz für eine menschlichere Welt muss
nicht in Verzweiflung geschehen, sondern er kann von Hoffnung getragen sein.
Denn der Glaube sagt: Gott selbst steht letztlich auf der Seite derer steht,
die nicht Tränen, sondern Freude säen. Mit der ganzen biblischen Botschaft ist
die Johannesoffenbarung der Überzeugung: so finster es aussehen mag: das letzte
Wort hat nicht die Finsternis. So mächtig der Hass scheinen mag, das letzte
Wort hat nicht der Hass oder die Gewalt. Das letzte Wort hat Gott selbst. und
weil Gott das Leben will, ist dies ein Wort des Lebens. Weil Gott die Liebe
ist, ist dieses letzte Wort die Liebe.
Menschen versammeln sich gern um das Feuer. Es verbindet und schafft Gemeinschaft. In der kühlen Jahreszeit lassen wir uns gern am Kaminfeuer wärmen, im Sommer haben Grillfeste mit Freunden Hochsaison, und bei jedem Zeltlager ist das Lagerfeuer der emotionale Höhepunkt. Der Evangelist Johannes berichtet zweimal von einem Kohlenfeuer, im Abstand weniger Tage haben wir davon gehört. Einmal am Karfreitag und nun heute am 3. Sonntag der Osterzeit.
Das Kohlenfeuer im Hof
des hohepriesterlichen Palastes
Die Nacht der
Gefangennahme Jesu war kalt. Die Diener und die Knechte, die Jesus verhaftet
hatten und erst zu Hannas, dann zu Kajaphas bringen mussten, froren. Deshalb
hatten sie sich „ein Kohlenfeuer angezündet und standen dabei, um sich zu
wärmen, denn es war kalt“. Da gesellt sich Petrus dazu. Aber dieses Kohlenfeuer
kann ihn nicht wärmen. Denn er wird als Jünger Jesu erkannt: „Habe ich dich
nicht im Garten bei ihm gesehen?“
Dreimal leugnet er, Jesus zu kennen, kalte Angst erstickt das Feuer der früheren Begeisterung. Als der Hahn kräht, wird ihm bewusst, was er da gesagt hat. Die anderen drei Evangelisten berichten übereinstimmend von seinen bitteren Tränen der Reue. Das Kohlenfeuer im Hof des Hohepriesterlichen Palastes wird für Petrus zum Tiefpunkt seiner Jüngerschaft. Ihm ist klar, dass Jesus auf einen solchen Versager, der ihn dreimal verleugnet hat, nicht mehr bauen wird.
Das Kohlenfeuer am See
von Tiberias
Doch Jesus reagiert
überraschend anders, so haben wir heute gehört. Er erscheint den Jüngern am See
von Tiberias. Sie erkennen ihn zunächst nicht, erst nach dem unerwarteten
Fischfang wird ihnen klar: Es ist der Herr! Und wieder brennt ein Feuer: „Als
sie an Land gingen, sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer und darauf Fisch und
Brot liegen.“ Jesus lädt sie ein, mit ihm Mahl zu halten: „Kommt her und esst!“
Was geht Petrus wohl an
diesem Kohlenfeuer durch den Kopf? Denkt er an das Kohlenfeuer, an dem er vor
wenigen Tage Jesus dreimal verleugnet hat? Jesus denkt daran.
Denn dreimal fragt er ihn
nach seiner Liebe, beim dritten Mal wird Petrus nicht umsonst traurig. Doch
Jesus weiß nicht nur um die Schwäche des Petrus, er weiß auch um seine Reue und
um seinen guten Willen. So macht Jesus, der gute Hirte, Petrus zum Hirten seiner
Herde. Am Kohlenfeuer am See von Tiberias wird Petrus nicht nur als Jünger
rehabilitiert, sondern in einen besonderen Dienst genommen.
Das Kohlenfeuer hier und
heute
Kommen wir zu den
Kohlenfeuern heute. Da stehen auch Menschen zusammen und reden über die Kirche.
Gesprächsstoff ist ja (zurzeit) in allen Medien zu finden. Da kommt ein Christ
dazu, und er muss dann hören: „Du bist doch auch einer von denen! Ich hab dich
doch kürzlich in die Kirche gehen sehen!“ Hat er dann den Mut, zu Christus und
seiner Kirche zu stehen, seinen Glauben zu bezeugen und seine Kirche zu
verteidigen? Oder bekommt er wie Petrus Angst und stimmt um des lieben Friedens
willen in die Klagelieder mit ein? Es ist heutzutage für uns Christen wahrlich
nicht einfach, in einer gleichgültigen, distanzierten oder gar ablehnenden
Umgebung zu unserer Überzeugung zu stehen. Und leider verdunkeln die Sünden
einzelner das Bild der ganzen Kirche. Viele haben auch gar nicht gelernt, über
ihren Glauben zu sprechen, der ist ja nach allgemeiner Meinung Privatsache.
Petrus hat es damals nicht geschafft. Mancher Christ schafft es heute auch
nicht. Und wenn er dann eine solche Runde verlässt, kommen ihm wie Petrus
vielleicht auch Gedanken der Reue.
Wie
gut, dass es da das Kohlenfeuer unseres Gottesdienstes gibt, zu dem uns Jesus
einlädt und sagt: „Kommt her und esst!“ Er kennt uns durch und durch. Er weiß
um unsere Schwächen, er weiß aber auch um unsere Reue und unseren guten Willen.
Er weiß, ob wir das Schuldbekenntnis nur gedankenlos aufsagen oder wirklich
ernst meinen. Wir sind jetzt um ihn versammelt und wir wissen: „Es ist der
Herr!“ Er offenbart sich uns immer und immer wieder im Wort und im Mahl. Und
obwohl er weiß, wie schwach wir sind, sendet er uns, ausgerechnet uns, in die
Welt, um seine Frohe Botschaft weiterzusagen. Das Kohlenfeuer mit Jesus, es
wärmt uns und schenkt Gemeinschaft, und es gibt uns Kraft für die Nachfolge in
seinem Dienst.