Hier finden Sie die aktuelle Ausgabe von IsnyAktuell mit dem Kirchenblatt der Kath. Seelsorgeinheit Isny
Mt 21,28-32
Es gibt
Berufe, bei denen ist es zweifellos vorteilhaft, wenn man gut reden kann.
Radiomoderatoren z.B., oder Politiker. Aber auch Lehrer sollten ihren Stoff
nicht zu einschläfernd erzählen und von Pfarrern gilt ähnliches. Damals zur
Zeit Jesu war es nicht viel anders. Nur gab es damals eben keine Pfarrer, die
hießen dann eher Hohepriester oder Schriftgelehrte.
Sie spricht
Jesus im Gleichnis ja auch an. Sie sind – im Bild des Gleichnisses – die
Arbeiter im Weinberg Gottes, bzw. sollten es zumindest sein.
Nun hatte
bzw. hat Jesus sicher nichts dagegen, wenn die Fachleute in Sachen Religion
begeisternd und mitreißen von Gott und seiner Liebe erzählen können. Aber, und
das unterstreicht er mit diesem Gleichnis: es soll eben nicht bei Worten
bleiben. Die Taten müssen hinzukommen. Konkret: wenn ich von Gottes Liebe rede,
dann sollte ich auch versuchen, diese Liebe zu leben – so wie es Paulus in der
Lesung beschrieben hatte: „seid einander in Liebe verbunden; Jeder achte nicht
nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen.“ Und hier, bei der
gelebten Nächstenliebe scheint es bei den angesprochenen Hohepriestern und
Ältesten Nachholbedarf zu geben.
Interessant
ist aber auch der Blick auf die andere Seite: auf die, die im Gleichnis zwar
nicht gleich zusagen, sich dann aber doch als die eigentlichen Helfer im
Weinberg herausstellen. Jesus spricht am Ende von den Zöllnern und Dirnen. In
ihnen sieht er offensichtlich die besseren Arbeiter und Arbeiterinnen im
göttlichen Weinberg.
Man spürt, welche
Provokation dahinter steckt: Ihr, die Hohenpriester und Ältesten, ihr könnt
zwar schön über den Glauben reden, aber entsprechend handeln tut ihr nicht, die
Zöllner und Dirnen aber: mag sein, dass sie über den Glauben nicht reden, doch
sie arbeiten im Weinberg Gottes!
Sicher
übertreibt Jesus hier etwas, sicher war auch damals nicht jeder Zöllner
letztendlich doch ein besserer Mensch als die, die sich von Berufs wegen mit
dem Glauben beschäftigten. Und ebenso sicher lässt sich das nicht einfach von
damals auf heute übertragen – hoffe ich jedenfalls. Es wäre ja schlimm, wenn
alle heutigen Hohenpriester und Ältesten (d.h. Papst, Bischöfe, Pfarrer) nur
leere Schwätzer und die Zöllner und Dirnen von heute doch die besseren Christen
wären.
Und doch
bleiben diese Worte eine Anfrage an die kirchlichen Amtsträger, aber letztlich
auch an jeden Christen: Sagen wir nur „Ja“ zum Glauben? Oder folgen diesem Ja
auch entsprechende Taten? Reden wir nur vom Weinberg Gottes? Oder arbeiten wir
wirklich darin?
Eines wird
jedenfalls im Gleichnis auch deutlich: Arbeit im Weinberg Gottes, da muss
keineswegs heißen, dass ich fortwährend mit der Bibel unter dem Arm herumlaufe
oder fromme Sprüche auf den Lippen habe. Gerade der Hinweis auf die Zöllner und
Dirnen zeigt: darum geht es sicher nicht. Arbeit im Weinberg des Herrn, das
kann heißen: sich für andere engagieren (z.B. in Vereinen), oder sich um Kranke
kümmern, oder ein offenes Ohr für die Nöte der anderen haben, sich einfach Zeit
nehmen für andere. Eigentlich ist es auch genau das, was Paulus in der Lesung
sagte: „Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auf das der
anderen.“ Wo das gelebt wird, da kann der Weinberg gute Früchte tragen.
Und ich bin
überzeugt: es gibt viele, die sind sich zwar gar nicht bewusst, dass sie
Arbeiter im Weinberg des Herrn sind, aber sie leisten doch unglaublich
wertvolle Arbeit in diesem Weinberg. Sie sorgen mit dem Herz auf dem rechten
Fleck und dem offenen Ohr, dass in diesem Weinberg manches wachsen und gedeihen
kann.
Jedenfalls
zeigt dieses Gleichnis deutlich: Wichtige Arbeiter im Weinberg des Herrn sind
keineswegs nur die, die hinter der Kanzel stehen, sondern vielmehr jeder und
jede, der/die im Alltag versucht, christliche Werte zu leben. Amen.
Dieser Ausspruch „Ach, du meine Güte!“ kommt uns manchmal über die Lippen, wenn etwas Unerwartetes, Überraschendes, vielleicht auch Enttäuschendes geschieht. Fromme Menschen sagen da auch gern mal als Ausruf „Gütiger Gott!“ – Güte ist aber auch ein Begriff für eine gewisse Qualität, wenn ein Produkt zum Beispiel ein Gütesiegel erhält. Es klingt also beides mit, die Wertschätzung wie das Überraschende, wenn wir vom gütigen Gott sprechen. Gott steht für Wichtiges, für Bedeutendes in unserem Leben, aber eben auch für Verborgenes, Geheimnisvolles und nicht immer leicht Verständliches.
Meine Gedanken sind nicht
eure Gedanken …
Wenn der Prophet Jesaja
in der Lesung in Namen Gottes sagt: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken
und eure Wege sind nicht meine Wege“, so bringt dies auch unsere Erfahrung zum
Ausdruck: Gott ist nicht immer einfach zu verstehen – und manchmal staunen wir
nur über sein Tun.
Das Gleichnis, das wir heute aus dem Evangelium nach Matthäus gehört haben, ist eine der Geschichten, die einen darin bestätigen, die zu Erstaunen und auch zu Widerspruch herausfordern: So ist Gott?! Die Frage: „Oder ist dein Auge böse, weil ich gut bin?“ und der Schlusssatz des Evangeliums: „So werden die Letzten Erste sein“, nehmen wir ja schon gern hin, wenn es um uns selbst geht. Das Gleiche anderen zugestehen, das ist menschlich nicht so leicht.
Was ist gerecht?
Das heutige Evangelium
legt natürlich auch eine politische Deutung angesichts der Landtagswahl (in
Bayern) oder auch eine gesellschaftliche Betrachtung angesichts des letzten
Caritas-sonntags, der in einigen Diözesen begangen wurde, nahe. Da sind wir
schnell bei der Frage, was Gerechtigkeit ist und bei dem Problem, ob man mit
der Bibel Politik machen kann. Gerechtigkeit im Sinne des Gleichnisses ist,
dass jeder das bekommt, was vereinbart ist. Der Lohn beruht auch manchmal
darauf – nur, dass mit Männern und Frauen zum Beispiel, oder mit älteren und
jüngeren Arbeitnehmern oder mit Einheimischen und Zugewanderten für die gleiche
Arbeit aber nicht der gleiche Lohn vereinbart wurde. Dann scheint es nicht mehr
gerecht zu sein. Manche sagen deshalb: Gerecht ist, wenn jeder das bekommt, was
ihm zusteht. Doch wer beurteilt denn eigentlich, wem was zusteht? Das können
Menschen doch sehr unterschiedlich empfinden. Und was ist mit denen, die in
einer Leistungsgesellschaft nicht mitkommen? Wieder andere sagen: Gerechtigkeit
ist, wenn alle das Gleiche bekommen. Aber da wird zu Recht eingewendet, dass
dann Leistung ja gar keine Rolle mehr spielt und das nicht gerade Motivation
schafft. Kann die Bibel da helfen?
Dann sind wir wieder beim
heutigen Gleichnis, nur, dass zu wirklicher Gerechtigkeit auch Barmherzigkeit,
Menschlichkeit gehören, also die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Im Kleinen
lassen sich Dinge durchaus so regeln – so etwas aber in allgemein gültige
Gesetze zu bringen, ist schwierig. Da kommt unser menschliches Empfinden an
seine Grenzen. Bei Gott ist aber genau das seine Gerechtigkeit: dass er nach
seinem Maß gerecht, aber auch gütig ist.
Wenn unser irdisches
Bemühen um Gerechtigkeit auch lückenhaft bleiben wird, so ist das ja kein
Grund, nicht selbst großzügig sein zu können.
Und darin kann uns Gottes
Güte Vorbild und Maß sein.
… auch in der letzten
Stunde
Nun erzählt Jesus uns
aber in erster Linie kein Gleichnis zur gesellschaftspolitischen Diskussion,
sondern eines über das Himmelreich, über Gott, seinen Vater. Ich muss auf
Gottes Gnade und Güte vertrauen – und nicht nur meine Leistung, meine Werke.
Wenn ich zum Glauben an Gott finde, und wenn es am Ende meines Lebens ist, dann
werde ich – dem Gleichnis folgend – den gleichen Lohn erhalten – wie jene, die
von Anfang an dabei waren.
Diese Argumente wie: Ich
war von frühester Kindheit an immer im Gottesdienst, ich habe meinen Stammplatz
in der Kirche, ich arbeite und bestimme schon jahrelang in Gremien mit, ich
fehle bei keiner Aktion, ich war immer der Kirche treu, sind menschlich
verständlich. In manchen Gemeinden ist es schwierig, später dazu zu kommen und
einen Platz zu finden und dann vielleicht auch noch eine Aufgabe, ein Amt zu
übernehmen. Vor und für Gott aber spielt das zumindest nicht die entscheidende
und einzige Rolle.
Wenn
Jesaja im Namen Gottes sagt: „So hoch der Himmel über der Erde ist, so hoch
erhaben sind meine Wege über eure Wege“, dann ist das ja keine göttliche
Arroganz, sondern Ausdruck einer himmlischen Welt, die unser oft enges Leben
braucht. So ist Gott! Ein gütiger Gott eben, den wir gerne auch einmal so im
Stoßgebet anrufen dürfen: „Ach, du meine Güte!“