Hier finden Sie die aktuelle Ausgabe von IsnyAktuell mit dem Kirchenblatt der Kath. Seelsorgeinheit Isny
Aktuell gelten folgende Corona-Regeln bei den Gottesdiensten:
Wir bitten um freiwilliges Tragen einer Maske während der Gottesdienste.
Die Abstandsregel ist nicht mehr verpflichtend. Trotzdem ist es nach wie vor sinnvoll, ein wenig auf Abstand zu achten.
19.
Sonntag im Jahreskreis
„Aufgrund des Glaubens
…“, gleich fünf Mal haben wir diese Formulierung in der Lesung aus dem
Hebräerbrief gehört. Am Beispiel von Abraham und seiner Frau Sara, die am
Beginn der Geschichte Gottes mit seinem Volk stehen, werden die Bedeutung wie
auch die Kraft des Glaubens beschrieben. „Leben aus dem Glauben“, so hieß im
alten „Gotteslob“ ein Abschnitt. Wie zeigt sich heute im Leben von Menschen,
dass der Glaube prägend und antreibend ist?
… leben Menschen in
Beziehung mit Gott
Jahr für Jahr können wir
Statistiken lesen, die uns zeigen, dass die Zahl der Christen in hierzulande
immer weniger wird. Zumindest die Zahl derer, die einer der großen Kirchen
angehören. Und mancherorts kann man tatsächlich von der kleinen Herde sprechen,
die sich nicht fürchten und verzagen sollte. Nun gehört zur Wahrheit, dass die
Geschichte des christlichen Abendlandes ja nicht allein durch Überzeugung und
Freiwilligkeit zustande kam.
Es waren vor allem
gesellschaftspolitische Gründe, ja sogar machttaktische. Das können wir an der
typischen konfessionellen Prägung von Landstrichen sehen, aber auch daran, dass
in der früheren DDR nach 40 Jahren Staatsatheismus nur wenig christliches Leben
geblieben ist.
Trotz all diesem
scheinbaren Abnehmen gibt es Menschen, die bewusst in einer Beziehung mit Gott
leben, die sich regelmäßig Zeit für diese Beziehung nehmen. Sie, die sie heute
zum Mitfeiern dieses Gottesdienstes gekommen sind, gehören sicherlich dazu. Das
Gebet, das Hören auf Gottes Wort und unsere Antwort darauf sind ein
Grundvollzug von Kirche. Das gesellschaftliche Umfeld, aber auch viele
hausgemachte kirchliche Probleme machen ein bewusstes, praktizierendes Leben
als Christ sicher nicht einfach. Aber es ist ein wichtiges Zeichen in unsere
Welt hinein, dass sich Menschen aufgrund des Glaubens die Zeit für ihre
Gottesbeziehung nehmen, selbst dann, wenn sie sich dadurch von anderen
unterscheiden und auch einmal gegen den Strom schwimmen.
… setzen sich Menschen
für andere ein
Nächstenliebe gilt für viele
Menschen als etwas typisch Christliches. Und in der Tat ist auch das
caritative, diakonische Handeln ein Grundvollzug von Kirche. Dabei darf es
natürlich nicht nur bei Worten bleiben – sie müssen lebendig werden im
konkreten Tun.
Neben der institutionalisierten
Caritas ist es vor allem das persönliche Wirken von Menschen, die aus ihrem
Glauben heraus Nächstenliebe greifbar machen: in nachbarschaftlicher Hilfe, in
Besuchsdiensten, bei den Tafeln, in Kleiderkammern, im Einsatz für Schwache und
Bedürftige, für Opfer von Gewalt, in der Entwicklungshilfe, in medizinischen
Diensten, bei Ärzten und Krankenschwestern ohne Grenzen; nicht zu vergessen
auch die Mitarbeitenden bei den verschiedenen kirchlichen Hilfswerken.
Vieles davon geschieht
auf ehrenamtlicher Basis. Durch Menschen, die den Nächsten lieben wie sich
selbst und dadurch auch ihrer Gottesliebe Ausdruck geben. Es ist gut und
wichtig, dass sich Menschen aufgrund des Glaubens für ihre Mitmenschen
einsetzen.
Und es ist auch gut, dass
sie dabei mit vielen anderen zusammenstehen, die aus ihrem Glauben und ihren
ganz unterschiedlichen Motivationen heraus ebenfalls Mitmenschlichkeit leben.
… halten Menschen das
Gerücht von Gott lebendig
Die Aufgabe von uns
Christen ist es, das Gerücht von Gott in dieser Welt wachzuhalten. – So hat es
der Wiener Pastoraltheologe Paul Michael Zulehner einmal formuliert. Die
Verkündigung des Glaubens ist der dritte Grundvollzug von Kirche. Vom Glauben
zu sprechen ist nicht einfach. Es ist nicht „in“ – einerseits weil die Zugehörigkeit
zur Kirche von der Umwelt kritisch gesehen wird, mehr wohl aber noch
andererseits ein Leben in Gottesbeziehung von vielen Menschen als nicht nötig
empfunden wird, man scheinbar keinen Gott braucht. Für Christen in vielen
Ländern der Welt bedeutet vom Glauben zu sprechen tatsächlich „Martyria“, wie
es das griechische Wort ausdrückt; sie müssen wirklich ihr Leben dafür
einsetzen. Das Gerücht von Gott wachzuhalten ist eine Herausforderung, aber
eine lebenswichtige.
Manchmal sind sogar
Nichtchristen dankbar dafür, dass es Menschen gibt, die glauben können und
ihren Glauben leben: Menschen, die aus ihrer Gottesbeziehung leben, die in Wort
und Tat seine Kraft bezeugen und so das Gerücht von Gott in unserer Welt
wachhalten. Denn Leben in der Gegenwart und in Erwartung des lebendigen Gottes,
das macht ein Leben aus dem Glauben letztlich aus.
(Hebr
11,1–2.8–19)
Gastfreundschaft
Liebe
Gemeinde,
zwei Texte
über die Gastfreundschaft haben wir eben gehört. Abraham bewirtet zusammen mit
seiner Frau Sara die drei Männer bei den Eichen von Mamre, und Jesus ist zu
Gast bei Marta und Maria und genießt deren Gastfreundschaft. Hier, bei Marta
und Maria zeigt sich natürlich: zu einer guten Gastfreundschaft gehört manchmal
nicht nur die Bewirtung, sondern auch die Bereitschaft, sich Zeit zu nehmen und
zuzuhören.
Ich möchte aber
heute eher auf Abraham und Sara und ihre Gastfreundschaft eingehen. Gerade
diese alte Erzählung zeigt ja nicht nur, welch hohen Stellenwert die
Gastfreundschaft damals hatte, sie zeigt auch beispielhaft, dass der, der Gäste
aufnimmt, oft selbst reich beschenkt ist. So jedenfalls erfahren es Sara und
Abraham: die zunächst unbekannten Gäste stellen sich als Boten Gottes heraus,
in ihnen kommt Gott selbst ganz nahe, und Abraham und Sara werden zudem mit
einer kostbaren Verheißung beschenkt: ihnen soll der so lang ersehnte
Kinderwunsch erfüllt werden.
Wer anderen
die Tür öffnet, kann selbst reich beschenkt werden. Vielleicht können wir diese
Erfahrung auch heute manchmal machen. Natürlich ist das kein Automatismus,
natürlich kann es auch die andere Erfahrung geben, dass die Gäste anstrengend
und belastend sind und man froh ist, wenn sie wieder weg sind. Nicht alle Gäste
sind ein bereicherndes Geschenk. Aber manchmal ist es eben doch so: das
Gespräch, die Begegnung tut nicht nur den Gästen gut, sondern man selbst fühlt
sich danach glücklicher und erfüllter.
Und
manchmal ist es vielleicht dann doch auch so, dass im Gast etwas von Gottes
Nähe erfahrbar wird. In dieser alten biblischen Erzählung wird es ja etwas
verwirrend geschildert: mal ist von drei Männern die Rede, mal von einem, mal
scheint Gott selbst zu reden. Die Personen verschwimmen da etwas ineinander.
Vielleicht kann man dies gerade so deuten: Manchmal kommt in einem Gast auf
geheimnisvolle Weise Gott selbst uns ganz nahe. Mag sein, es lässt sich dann
nicht genau sagen, wie Gottes Nähe mit dem Gast zusammenhängt, aber irgendwie
ist er doch da – segensreich da.
Ich finde
es ein wenig schade, dass die Lesung an dieser Stelle abbrach. Denn in der
Bibel geht die Geschichte noch weiter. Als Sara die Kindesverheißung hört kann
sie es nicht glauben. „12 Sara lachte daher still in sich hinein und dachte:
Ich bin doch schon alt und verbraucht und soll noch Liebeslust erfahren? Auch
ist Abraham doch schon ein alter Mann!“
Die
Reaktion ist nur zu verständlich. Und wenn Sara still in sich hineinlacht, so
sehe ich darin keine Ablehnung, sondern eher sinngemäß die Gedanken: „nett,
dass du mich aufmuntern willst, aber so schön es wäre, so sehr ich mir immer
ein Kind gewünscht habe, das kann ich wirklich nicht glauben …“ Und als Sara
dann auf ihr Lachen angesprochen wird, fühlt sie sich ertappt und streitet es
schnell ab: „Nein, ich habe nicht gelacht“. Man könnte es wohl als kleine
Notlüge bezeichnen – auch das nur zu verständlich. Sara will doch nicht den
Eindruck erwecken, als habe sie womöglich über den Gast gelacht … Ausdrücklich
heißt es, sie habe es abgestritten, weil „sie Angst hatte“. Schnell wird
freilich deutlich, dass diese Angst überflüssig ist, zumal dann, wenn Gott
selbst Gast ist. Nicht nur weil Saras Notlüge natürlich durchschaut wird,
sondern vor allem, weil Gott ihr dieses ungläubige Lachen nicht übel nimmt und die
Verheißung trotzdem bestehen bleibt.
Und so
finde ich diese Erzählung eine wunderbare Gastgeschichte: Abraham und Sara
erweisen sich als vorbildliche Gastgeber, auch wenn Sara doch eine kleine
menschlich- allzumenschliche Schwäche zeigt. Aber das macht nichts. Die
Gastgeschichte endet doch so, wie hoffentlich auch heute noch manche
Gastgeschichte endet: Die Gäste können gesättigt und gestärkt weitergehen, und
die, die Gastfreundschaft gelebt haben, sind am Ende die wirklich Bereicherten
und Beschenkten.
Amen.
Termin: 15.08.2022