Hier finden Sie die aktuelle Ausgabe von IsnyAktuell mit dem Kirchenblatt der Kath. Seelsorgeinheit Isny
Liebe Gemeinde,
„Wer könnte uns den Stein vom Eingang des Grabes wegwälzen?“ An diesem Satz des Evangeliums bin ich hängen geblieben. Wenn der Evangelist Markus uns diese Überlegungen der Frauen mitteilt, dann sicher auch, weil dieser Stein eine tiefere, symbolische Bedeutung hat. Markus selbst betont, dass es ein großer Stein war, der da den Eingang zur Grabhöhle verschloss. Und dieser Stein hat für mich eine doppelte Symbolik: er ist das kaum zu überwindende Hindernis, das den Frauen den Zugang zu Jesus versperrt, und er steht zugleich für die zentnerschwere Last ihrer Trauer und ihrer Nöte.
Der Stein als unüberwindbares Hindernis und kaum erträgliche Last. Das beschäftigt sie mehr als die praktische Frage, wie sie in das Grab kommen. Und das Schöne: an Ostern ist dieser Stein weggewälzt. Genau das bedeutet doch Ostern: der Weg ist frei, die Hindernisse beseitigt, die Last, die eben noch auf ihren Herzen lag, ist verschwunden, das Leben kann neu beginnen.
Diese Erfahrung der Frauen auf dem Weg zum Grab können wohl auch wir heute immer wieder teilen: Jedenfalls gibt es auch heute mehr als genug solche Steine, solche scheinbar unüberwindlichen Hindernisse und zugleich zentnerschwere Lasten.
Denken wir z.B. an die Menschen, die heute in der Heimat Jesu leben. Wie unüberwindlich scheint da der Hass und die Feindschaft zu sein, wie schwer lastet der Terror und der Krieg auf so vielen Menschen, gerade auch auf denen, die gar nichts dafür können. Wie sehr wünschten wir, es gäbe da jemand, der den Stein wegwälzen könnte. Wie sehr sehnen sich die Menschen nach neuem, befreitem Leben ohne all die alten Lasten.
Oder denken wir an andere festgefahrene Konflikte in der Welt, in der Ukraine, wo sich immer noch keine Lösung abzeichnet, ebenso wie in anderen Krisengebieten unserer Erde. Es sind ja immer wieder die gleichen Ländernamen, die einem da in den Sinn kommen: Afghanistan und Iran, Syrien und Jemen, Sudan und manche andere. Überall warten Menschen darauf, dass sie von zentnerschweren Lasten befreit werden.
Aber wir müssen gar nicht nur auf das große Weltgeschehen schauen. Auch im Kleinen gibt es ähnliche Steine und ähnliche Sehnsüchte: ungelöste Konflikte, die das Miteinander zwischen Nachbarn oder Arbeitskollegen, ja selbst in der Familie so furchtbar schwer machen können.
Aber – und das ist das Entscheidende – es gibt nicht nur diese schweren Steinbrocken, es gibt auch die österliche Hoffnung darauf, dass jemand sie weg wälzt, dass der Weg frei wird, dass neues Leben möglich wird.
Bei der Erzählung im Markusevangelium habe ich mich manchmal gefragt: Weshalb nehmen die Frauen nicht gleich ein paar starke Helfer mit, die den Stein wegwälzen könnten. Vielleicht ist es ja ein Hinweis darauf, dass zwar Männer manchmal stärker sein mögen, wenn es darum geht, konkret Hand anzulegen. Aber wenn es um die Beseitigung von Hindernissen geht, um die Überwindung des Trennenden in scheinbar ausweglosen Situationen, dann sind vielleicht doch die Frauen das eigentliche starke Geschlecht. Jedenfalls fällt in der Bibel schon auf, welch bedeutende Rolle in allen Evangelien die Frauen gerade an Ostern spielen.
Das eine jedenfalls gilt im Blick auf die heutigen zentnerschweren Lasten und scheinbar unüberwindlichen Hindernisse: Es braucht Menschen, die sich wie die drei Frauen am Ostermorgen auf den Weg machen – trotz allem, trotz ihrem Schmerz, trotz geringer Hoffnung. Die Frauen damals erwarteten ja nicht das große Wunder, sie wollten dem Verstorbenen nur einen kleinen Dienst erweisen, den Leichnam mit wohlriechenden Ölen salben. Sie glaubten nicht, die Welt verändern zu können, aber sie wollten das Gute tun, das in ihren Möglichkeiten stand. Es mag nicht viel scheinen, aber dieses Zeichen der Menschlichkeit wollten sie setzen – und gerade so wurde für sie die österliche Erfahrung möglich.
Und so deutet für mich diese österliche Geschichte auch an: Wo Menschen sich auf den Weg machen, um das Gute zu tun, das ihnen möglich ist, und mag es noch so gering erscheinen, wo Menschen anderen einen Dienst erweisen wollen, und mag er noch so klein scheinen, da kann dies der erste Schritt zu etwas Großem sein. Ja, da kann manchmal selbst ein großer Stein weggewälzt werden, da kann ein scheinbar unüberwindbares Hindernis sich auflösen, da kann manche zentnerschwere Last beseitigt werden: Mit einem Wort: da kann wirklich Ostern werden.
Denn Ostern ist da, wo Steine weggewälzt und Hindernisse überwunden werden. Ostern ist da, wo Menschen von Lasten befreit sind und neues Leben beginnt. Amen.
Sie sehen hier vorne
einen Korb mit Steinen. Direkt neben der Osterkerze steht er. Sie werden sich
darüber wohl wundern. Doch genau diese Steine können etwas deutlich werden
lassen von dem, was an Ostern geschehen ist. Und was heute noch geschehen kann
und geschehen soll. Denn die Steine hier vorne haben etwas zu tun mit jenem
Stein, von dem das Osterevangelium erzählt hat, also mit dem Stein, der das
Grab Jesu verschlossen hat.
Da waren ein paar Frauen,
die sich auf den Weg gemacht haben. Es war Nacht, noch dunkel. Diese Frauen
wollten Jesus einen letzten Dienst erweisen: seinen Leichnam einsalben. Für die
Handvoll Frauen war es klar: Jetzt ist alles vorbei. Die Machthaber haben sich
durchgesetzt. Der Tod hat gewonnen. Auf ihrem Weg quält sich die Frage nach dem
Stein. Wer rollt uns den Stein beiseite, der die Graböffnung verschließt? Viel
größer war er als unsere Steine.
Man hat ihn vor das Grab
gerollt. Dieser gewaltige Steinbrocken, größer als ein Mühlstein, sollte
verhindern, dass jemand die Totenruhe stört. So ein Steinbrocken soll den Tod
vom Leben abtrennen. Denn Tod ist Tod. Es ist noch keiner zurückgekommen, sagt
man. Den Frauen macht dieser Steinbrocken Sorgen: „Wer rollt uns den Stein
weg?“
Steine
in meinem Leben
(Hier einen Stein in die
Hand nehmen und zeigen!). Dieser Stein ist klein. Den braucht mir keiner
wegzurollen. Kein Problem. Den kann ich weglegen. Schwer ist er allerdings
schon, wenn ich ihn in meiner Hand fühle. Und hart ist er. Und kalt. Und er
erinnert mich an andere Steine: große, schwere, kalte Steine. Steine, die ich
mir nicht selbst genommen habe. Die ich auch nicht einfach weglegen kann.
Steine in meinem Leben. Die sind manchmal wie Grabsteine: Sie sperren ein, sie
lassen kein Licht hinein und kein Leben.
Oder sie sind wie eine
Last, die ich mit mir herumtrage, die mir zu schaffen macht, die mir manchmal
sogar fast die Luft abdrückt. Jetzt kann ich dem Stein einen Namen geben. Er
kann den Namen von einem Menschen haben, von jemandem, der mir das Leben schwermacht,
von jemandem, dem ich nichts gut genug mache. Er kann den Namen von einem
Menschen haben, dessen Schicksal mir weh tut. Den ich mit mir trage in meinen
Gedanken. Mein Stein, das kann der Name eines Ortes sein; wenn ich in seine
Nähe komme, fällt mir immer dieselbe schlimme Erinnerung ein. Er kann nach
einem Problem benannt sein, mit dem ich einfach nicht fertig werde, das ich
andauernd mit mir herumschleppe. Mein Stein kann den Namen eines großen Fehlers
tragen, den ich gemacht habe – und nun weiß ich nicht, wie es weitergehen soll.
Ja, so ein Stein kann viele Namen tragen und viele Geschichten erzählen. Hat
Ihr Stein, liebe Mitchristen, auch einen Namen?
(Fühlen wir in uns für
einen Moment Zeit den einen oder anderen Stein. Geben wir ihm auch einen
Namen).
Nehmen wir uns jetzt für
einen Moment Zeit, den einen oder anderen Stein in uns zu fühlen. Geben wir ihm
auch einen Namen.
–
Stille – Musikstück -
Der
Stein am Grab Jesu
Der Stein kann viele
Namen haben. Er sperrt ein. Er belastet. Er macht mir manchmal das Leben
schwer. Ja, da berühren unsere Erfahrungen die der Frauen auf dem Weg zum Grab.
Auch sie müssen sich eingestehen: gegen diesen Stein kommen wir nicht an. Der
ist zu schwer für uns. Auch dieser Stein hat einen Namen. Er heißt Trauer und
Sinnlosigkeit. Trauer darüber, dass alles vorbei ist, dass es Vergangenheit
ist, was sie mit Jesus in all den Jahren erlebt, gehört und gesehen haben. Wie
viel Hoffnung mögen diese Jüngerinnen und Jünger mit Jesus und seinen Worten
und Taten verknüpft haben! Und das alles ist jetzt seit Karfreitag vorbei. Auf
grausame und menschenverachtende Weise hat man ihn aus der Welt geschafft.
Erledigt und begraben unter einem gewaltigen Stein.
Der Stein heißt
Sinnlosigkeit, weil sie keine Zukunft mehr sehen; das, was ihnen bisher Inhalt
und Kraft gegeben hat, das ist nicht mehr. Es ist aus der Welt geschafft
worden. Aus und vorbei.
Ja, wer kommt schon an
gegen diese riesigen Steinbrocken der Sinnlosigkeit und inneren Leere? Wer kann
solche Steinbrocken wegwälzen? Mit solchen Gedanken sind die Frauen unterwegs
zum Grab. Als sie ankommen, sind sie überrascht und erschrocken. Der Stein ist
weg. Noch wissen sie nichts von der Auferstehung Jesu. Sie wissen nichts von
dem neuen Leben. Aber der Stein ist weg. Damit hat Ostern angefangen. Einer hat
den Stein weggeräumt. Einer hat dem Leben Luft gemacht. Einer hat eingegriffen
in den Tod, hat die Totenruhe gestört. Hat Leben hineingebracht in die
Dunkelheit. Gott war es. Er hat Jesus aus dem Grab herausgerissen, ins Licht,
ins Leben. Der große Steinbrocken hat das nicht verhindern können.
Das ist die Botschaft von
Ostern: Nichts kann verhindern, dass Gott den Tod besiegt. Nichts kann
verhindern, dass Leben neu wird durch ihn.
Auch nicht unsere Steine,
die uns auf der Seele liegen oder im Magen oder die den Platz unseres Herzens
eingenommen haben. Ostern räumt auf mit den Grabsteinen unseres Lebens. Gott
bringt Licht und Leben in unsere Grabkammern. Er ruft uns heraus zu neuem
Leben. Ostern fängt an mit weggerollten Steinen. Ja, es stimmt: Wir stehen
ihnen machtlos gegenüber. Aber Gott bewegt, was unbeweglich erscheint. Gott
belebt, was versteinert ist. Lassen wir also Gott Hand anlegen an den Gräbern
unseres Lebens.
Gott
wälzt die Steine unseres Lebens weg
Ostern heißt: Gott nimmt
uns den Stein. Gott nimmt diesen Stein, dem wir einen Namen gegeben haben. Wir
brauchen ihn nicht zu behalten. Wir brauchen ihn nicht mit uns herumtragen.
Deshalb werde ich nachher auch diesen Stein ablegen, hier vor der Osterkerze.
Und unsere Ministranten
werden ebenfalls weitere Steine dazulegen.
Ich lade Sie ein, dabei
still in Ihrem Herzen mit diesen Steinen hier alles abzulegen, was Ihnen Sorgen
macht, was eben wie ein Stein auf Ihnen lastet.
Wir können sicher sein,
Gott hört, was in unseren Herzen vorgeht. Wir können sicher sein, Gott wälzt
auch die Steine unseres Lebens weg. Das ist die frohe Botschaft von Ostern.
Ostersonntag
Halleluja! Wir feiern
Ostern! Jesus ist auferstanden von den Toten; er lebt. Er lebt und auch wir werden leben.
Freilich: Wer auch nur
einen Blick in die Zeitungen wirft und Nachrichtensendungen schaut, gewinnt
einen anderen Eindruck. Dieses Leben ist bedroht und der Tod scheint die
Oberhand zu behalten. Und trotzdem singen wir in den österlichen Gesängen vom
Sieg über den Tod und „der Tod hat keinen Stachel mehr“.
In den zuletzt
vergangenen Tagen haben wir uns vergegenwärtigt, durch welche „Hölle“ Jesus
gegangen ist. Da war Verrat und Verhaftung, Verleumdung und Verspottung,
Verurteilung, Verzweiflung, Verlassenheit und der grausame, unehrenhafte Tod am
Kreuz. Jesus hat das Himmelreich verkündet und für viele Menschen Zeit seines
irdischen Lebens und Handelns den Himmel geöffnet. Er musste als Mensch
sozusagen durch alle irdischen Räume der „Hölle“ gehen, die Menschen einander
bereiten können.
Sein Leben endete so, wie
es begonnen hatte: in der Fremde ohne festen Wohnsitz, geborgen einzig und
allein durch den Schoß der Mutter, in Leinentücher gewickelt und in eine fremde
Unterkunft gelegt. Alle, die mit ihm unterwegs und ihm gefolgt waren, die ihn
geliebt hatten, waren sich sicher: Jetzt ist alles aus. Das ist das Ende.
Nein, das ist nicht
alles: Da kommt noch was!
Und doch ist das nicht
das Ende. Es ist gerade mal das Vorletzte. Im Morgengrauen nach der Sabbatruhe,
in jener Stunde zwischen dem Dunkel und dem Licht, in der die Dinge langsam aus
der Nacht heraus ins Tageslicht treten, geht Maria aus Magdala zu dem frischen
Grab im Garten. Es hilft immer wieder, die schreckliche Realität anzuerkennen,
wenn wir den Ort aufsuchen, wo sie sich ereignet hat, wo noch Spuren zu finden
sind. Es ist wie das Suchen von Beweisen am Tatort. Doch was sie dort
vorfindet, das bringt sie noch mehr aus dem Gleichgewicht. Denn sie sieht „dass
der Stein vom Grab weggenommen war.“ Sie schaut nicht in das Grab hinein,
sondern läuft „schnell zu Simon Petrus und dem anderen Jünger, den Jesus
liebte“.
Diese beiden ersten waren
und sind wie Maria von Magdala und vielleicht auch wir Suchende, Menschen
voller Sehnsucht. Denn beide liefen zusammen zum Grab, kamen aber nicht
zeitgleich an. Johannes ist zwar der Schnellere, aber auch Simon sieht nichts
Anderes als er: Da liegen die Leinenbinden, die Totentücher, in die man den
Leichnam Jesu gewickelt hatte. Nur „das Schweißtuch, das auf dem Haupt Jesu
gelegen hatte“, liegt zusammengefaltet, gebunden an einer besonderen Stelle.
Die Jünger sehen das alles, können sich aber keinen Reim darauf machen und
gehen ratlos nach Hause zurück. Sie ahnen noch nicht, was das alles zu bedeuten
hat, obwohl es von Johannes heißt, dass auch er ins Grab hineinging, sah und
glaubte.
Die im Grab liegenden
Leinentücher geben ein Glaubensgeheimnis preis, ja sie enthüllen es förmlich.
Wir können sie vergleichen mit einem Kokon, der zurückbleibt, den der Schmetterling
nach seiner Metamorphose verlassen hat. Die totgeglaubte, eingekapselte Raupe
hat sich völlig verändert; sie hat ein ganz anderes, wunderschönes und zartes
Äußeres und andere Eigenschaften als zuvor.
Sie lebt nicht mehr erdverhaftet auf der Suche nach dem täglichen Bedarf, sondern entfaltet ihre Flügel und schwingt sich dem Himmel entgegen.
Die Zärtlichkeit des
Auferstandenen
Maria von Magdala läuft
nicht, ihr Suchen ist eher einer Erwartung gewichen. Das Wichtigste im Leben
wird nicht gesucht, sondern erwartet.
Die ersten Worte des
Auferstandenen im Ostergarten sind geprägt von einer außerordentlichen
Zärtlichkeit: „Frau, warum weinst du?“ So als wollte Jesus Maria und uns sagen:
Sprich doch über deine Tränen, sie sind mir wichtig! Was bewegt dich denn so,
was bedrängt dich so sehr, dass du weinst? Jesus sagt nicht „Hör doch auf zu
weinen!“ und liefert ihr Erklärungen. Er interessiert sich vielmehr für die
Tränen. Der Auferstandene will uns da begegnen, wo wir weinen. Jesus kommt
nicht strahlend daher und blendet nicht; er drängt sich nicht auf, sondern
seine Stimme ist einfühlsam, voller Mitgefühl.
„Wen suchst du?“ Eine
schlichte Frage, die es in sich hat, die sozusagen eine Definition des Menschen
ist:
Wir alle sind doch wie
Maria von Magdala und wie die beiden Jünger, die zum Grab laufen, Suchende.
Maria leidet unter dem Fehlen dessen, den sie so sehr liebt. Sie beweint den,
den sie liebt. – Jesus leidet unter dem Leid der Frau, und er nimmt sich ihrer
an, wie er dies auch am Karfreitag am Kreuz mit dem Leid und der Angst eines
Verbrechers getan hat. „Die Summe des Schmerzes in der Welt verwundet sein
Herz“ (Giuseppe Ungaretti). – Der Auferstandene spricht sie mit ihrem Namen an.
Er zeigt sich, enthüllt und entfaltet die Frohe Botschaft. Er gibt Maria einen
besonderen Auftrag zur Verkündigung, dass er lebt und ist dann wieder
verborgen. Er bleibt aber unsichtbar an der Seite derer, die hineinwachsen in
die Erkenntnis, dass er lebt, dass der Tod eben nicht das letzte Wort hat, dass
Liebe stärker ist. Der Auferstandene lässt sich nicht einfach mit Händen oder
einem Selfie festhalten. Aber im Herzen können wir seine Gegenwart spüren.
Ein Blick in den Spiegel
und nach vor
Jesus wird als der
Auferstandene immer wieder auch in unserem Leben auftauchen, um uns beim Namen
zu rufen, um uns zu einem Perspektivenwandel zu ermutigen, wenn wir wieder
einmal resigniert und rückwärtsgewandt leben. Er möchte uns eine neue Dimension
des Lebens vor und nach dem irdischen Tod schenken. – Veronika, die mutige Frau
am Kreuzweg Jesu bekam das Antlitz Jesu ins Schweißtuch gedrückt. Uns hingegen
sind seine Gesichtszüge ins Herz geschrieben. Wir können ihn tagtäglich in den
unterschiedlichen Gesichtern der Menschen erkennen, die uns begegnen und beim
morgendlichen Blick in den Spiegel ebenso. Halleluja, Jesus lebt!
Ostermontag
Und am Ende sind wir
allein. Wir sind wohl miteinander immer wieder ein Stück weit auf dem Weg, wir
begleiten einander, und viele suchen heute immer jemanden, der mit ihnen geht,
der bei ihnen ist. Das ist vor allem die Erfahrung junger Leute. In der Zeit
des Mobiltelefons können sie sich ja schnell verabreden, da braucht es keine
lange Planung mehr. Und doch: Es gibt immer noch sehr viel Einsamkeit in dieser
Welt. Das werden wohl vor allem auch ältere Menschen feststellen müssen, die
nicht mehr überall hinkommen können. Da ist manchmal dann das Fernsehgerät die
einzige Unterhaltung den ganzen Tag hindurch.
Denn wir gehen wohl mit
einem anderen ein Stück Weges mit, solange der Weg breit und ausgetreten ist.
Wenn der Weg beschwerlich wird, wenn er auch einmal durch Dunkelheiten führt, dann
müssen viele allein weitergehen. Wir ziehen uns zurück in unsere Sicherheit, in
unsere kleine heile Welt.
Am Ende sind wir allein
Am Ende sind wir allein:
Wenn ein Mensch stirbt, der uns im Leben so nahe, so wichtig war. Am Ende
kommen noch viele zum Abschiednehmen, zum Trauergottesdienst, zum Begräbnis.
Aber die meisten kehren gleich wieder zurück in ihren Alltag, sie haben ihre Schuldigkeit
getan und dem Toten die letzte Ehre erwiesen. Und was ist mit den Lebenden?
Am Ende waren sie allein,
die beiden Jünger von Jesus. Allein mit ihren Fragen, ihren ausgeträumten
Hoffnungen, mit ihrer Angst um ihr Leben. Nur eines verband die beiden, die da
auf dem Weg waren: die Erinnerung an den, der da am Kreuz gestorben war, auf
den sie alle ihre Hoffnung gesetzt hatten. Es blieben ihre Fragen: War alles
vergeblich, was sie erlebt hatten? War alles nur das kurze Aufleuchten eines
neuen, befreiten Lebens? Sie sahen jedenfalls zunächst nur das Kreuz, nur den
Tod, das Ende. Die Auferstehung zu glauben, das fällt schwer. Wir trauern doch
immer lieber den alten Zeiten nach, als dass wir uns dessen freuen, was neu
ist, vielleicht ganz anders, als wir es uns zurechtlegen. Und wenn wir das
eigene Leben anschauen, dann finden wir immer auch Spuren des Todes: Da gibt es
Schuld, da gibt es begrabene Hoffnungen, da gibt es genügend Enttäuschungen.
Einfach nur zuhören
Da ist es doch gut, nicht
allein zu sein, jemanden zu haben, der einfach zuhört, der nicht gleich mit
fertigen Lösungen kommt, der auch das Fragen und Zweifeln ernst nimmt. Wir aber
suchen heute lieber gleich nach Lösungen. Alles andere macht uns unsicher, das
passt nicht in unsere scheinbar heile Welt.
Die beiden auf dem Weg
finden noch lange keine Lösung. Aber sie finden einen Begleiter, der mit ihnen
geht, der sie anhört, der ihnen neue Wege zeigt. Sie finden auf einmal Spuren
des Lebens, Spuren von dem, was Auferstehung heißt, weil er ihnen die Heilige
Schrift erschließt. Glaube an Gottes Kraft hat immer auch zu tun mit
Geschichte. Gott lässt sich nicht festmachen und beschreiben nach menschlichem
Maß, wohl aber ist sein Wirken und Handeln zu spüren.
Das Dunkel des Abends
aushalten
Wenn wir unser eigenes
Leben einmal unter diesem Blickwinkel betrachten, werden wohl auch Erinnerungen
an Gott lebendig. Und wenn wir diese Erinnerung wachgerufen haben, sollten wir
sie auch festhalten.
Damals sagten die Jünger
zu Jesus: „Bleibe bei uns, denn es wird Abend, der Tag hat sich schon geneigt.“
Die Dunkelheit, die Nacht, in der oft so gar nichts passiert, in der wir zur
Ruhe kommen, zu uns selbst zurückkehren, das ist auch die Erfahrung des
Alleinseins. Aber spüren nicht auch Menschen, deren Leben sich dem Abend
zuneigt, die nicht mehr nur aktiv sein können, die einfach zur Ruhe gekommen
sind, immer deutlicher auch, dass Gottes Kraft für sie da ist, dass sie einen
Begleiter haben, den auferstandenen Herrn Jesus Christus? Wenn ein Mensch, der
zeitlebens etwas leisten musste, auf einmal gar nichts mehr tun kann als etwa
beten, dann ist das auch ein Zeugnis für die Auferstehung und ein unschätzbarer
Segen für die Welt.
Die wache Erinnerung
öffnet die Augen
Erst im Nachhinein
erkannten die beiden Jünger auf dem Weg ihren Begleiter, und auch das ist doch
eine Erfahrung, die wir wohl kennen: Im Nachhinein können wir oft sagen: Ja, es
war schon gut, was war, und wie es war. Auch wenn wir im Augenblick nicht damit
fertig werden können, wenn wir dann zurückschauen, gehen uns die Augen auf und
wir erkennen, dass wir doch nicht allein sind, dass der Herr mit uns geht,
unerkannt, auch in kleinen Ereignissen, in Begegnungen, in unseren Gesprächen,
in unseren Gemeinschaften.
Wir können nicht sagen:
Hier ist er – und hier ist er nicht. Wir brauchen auch hier die wache
Erinnerung, die uns die Augen öffnet: in der dankbaren Rückschau.
Die Jünger damals brachen
noch in der Nacht auf und kehrten zu den anderen zurück. Sie hatten auf einmal
keine Angst mehr. Sie spürten auf einmal, auch am Ende sind sie doch nicht
allein. Ostern ist immer noch ein Aufbrechen aus der Nacht der Zweifel, der
Unsicherheiten, der ungestillten Sehnsüchte, der zerplatzten Hoffnungen hinein
in einen neuen Tag der Freude am Leben. Auch wenn uns manchmal das Leben eng
und bedrückend erscheint, auch wenn die Lasten manchmal zu schwer erscheinen:
Wir gehen nicht allein.
Nicht stehen bleiben in Enttäuschungen
Nur müssen wir uns immer
wieder auf den Weg machen, nicht einfach stehen bleiben in den eigenen Enttäuschungen.
Dazu brauchen wir aber Weggefährten. Und das ist unser Auftrag: Im Namen
dessen, der den Tod überwunden hat, miteinander den Weg ins Leben zu gehen, in
gemeinsam gestärktem Mut, in einer Freude, die durch das Dunkel von Sorge und
Angst hindurch trägt.
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